Farbdimensionen von darktable

Dieser Abschnitt definiert konzeptionell wie auch quantitativ die wahrnehmbare Eigenschaften von Farben, um kreative und korrigierende Anpassungen an Farben in darktable zu beschreiben und zu quantifizieren.

🔗Definitionen

Farbeigenschaften, wie “SĂ€ttigung”, “Leuchtkraft” oder Helligkeit, sind in den normalen Gebrauch ĂŒbernommen worden, sie werden aber Großteils falsch verwendet und hĂ€ufig genutzt, um andere Dinge auszudrĂŒcken. In der Farblehre hat jeder dieser AusdrĂŒcke eine genaue Bedeutung.

Es gibt zwei Bezugssysteme, innerhalb derer Farbeigenschaften analysiert und beschrieben werden können:

  • Ein szenenlineares, physiologisches Bezugssystem, das sich hauptsĂ€chlich auf die Reaktion der Retinazapfen stĂŒtzt und FarbrĂ€ume wie “CIE XYZ 1931” oder “CIE LMS 2006” nutzt,

  • Ein wahrnehmungsbasiertes, psychologisches Bezugssystem, das die Korrekturen des Gehirnes auf das Retinasignal sammelt und FarbrĂ€ume, wie “CIE Lab 1976”, “CIE Luv 1976”, “CIE CAM 2016” und “JzAzBz (2017)”, nutzt.

Diese zwei Bezugssysteme stellen Metriken und Dimensionen bereit, um Farben zu analysieren, und sie erlauben, einige ihrer Eigenschaften zu verÀndern und gleichzeitig andere zu bewahren.

Die folgenden Dimensionen von Farben werden in darktable verwendet:

Farbton
Eine Eigenschaft der visuellen Wahrnehmung, in welcher eine FlĂ€che Ă€hnlich zu einer der Farben rot, gelb, grĂŒn oder blau erscheint, oder zu einer Kombination von aneinanderliegenden Paaren dieser Farben, dargestellt in einem geschlossenen Ring. 1 Farbton ist eine geteilte Eigenschaft zwischen den dem wahrnehmungsbasieren und szenenlinearen Bezugssystem.
Luminanz
Die Dichte der LichtstĂ€rke bezogen auf eine projizierte FlĂ€che in einer definierten Richtung an einem definierten Punkt auf einer realen oder imaginĂ€ren OberflĂ€che. 2 Luminanz ist eine Eigenschaft des szenenbezogenen Bezugssystems und wird durch den Y-Kanal des “CIE XYZ 1931”-Raumes ausgedrĂŒckt.
Leuchtkraft
Eine Eigenschaft der visuellen Wahrnehmung, nach der eine FlÀche mehr oder weniger Licht zu emittieren, weiterzugeben oder zu reflektieren scheint. 3
Helligkeit
Die Leuchtkraft einer FlĂ€che relativ beurteilt zur Leuchtkraft einer Ă€hnlich beleuchteten FlĂ€che, die weiß oder hochgradig weiterleitend erscheint. 4 Helligkeit ist die wahrnehmbare, nicht-lineare Verwandte der Luminanz (ungefĂ€hr gleich der Kubikwurzel der Luminanz Y). Helligkeit wird mit dem L-Kanal in CIE Lab und Luv 1976 und dem J-Kanal in JzAzBz ausgedrĂŒckt.
Chroma (Buntheit)
Die Farbigkeit einer FlĂ€che beurteilt im VerhĂ€ltnis zur Leuchtkraft einer Ă€hnlich beleuchteten FlĂ€che, die grau, weiß oder hochgradig weiterleitend erscheint. 5 _Achtung: Chroma ist nicht die Kurzform von Chrominanz, die der Farbteil eines Videosignals ist (z.B. die Cb- und Cr-KanĂ€le in YCbCr).
Brillianz
Die Leuchtdichte einer FlÀche relativ beurteilt zur Leuchtkraft ihrer Umgebung. 6
SĂ€ttigung
Die Farbigkeit einer FlÀche beurteilt im VerhÀltnis zu ihrer Leuchtkraft. 7
Reinheit
Die Distanz der ChromazitÀt der Pixel vom Weisspunkt in der xy ChromazitÀtsebene. Null Reinheit bedeutet, dass das Licht achromatisch ist. Hohe Reinheit, auf der anderen Seite, bedeutet, dass das Licht laserÀhnlich ist, bestehend aus einer einzigen WellenlÀnge.

Farben können in vielen verschiedenen FarbrÀumen beschrieben werden, aber unabhÀngig vom Farbraum, braucht jede Farbe mindestens 3 Komponenten: eine Metrik von Helligkeit oder Leuchtkraft und 2 Metriken der ChromatizitÀt (Farbton und Buntheit, oder komplementÀre Farbkoordinaten).

🔗Illustrationen

WĂ€hrend die vorherige Definitionen nĂŒtzlich sind, den Worten einen Sinn zu verleihen, sagen sie natĂŒrlich noch nichts darĂŒber aus, auf was wir zu schauen haben. Die folgenden Tabellen zeigen Luminanz, Helligkeit, Chroma, Brillianz/Leuchtkraft und SĂ€ttigung variierend von einer Basisfarbe “0” und wie die resultierenden Farben degradieren:

swatches

(Helligkeit + Chroma) oder (Brillianz/Leuchtkraft + SÀttigung) sind zwei verschiedene Arten, die gleiche RealitÀt zu kodieren. Es sind orthogonale RÀume, die vom einen zum anderen mit einer einfachen Rotation der Basis konvertiert werden können. Das bedeutet, dass Chroma sich mit konstanter Helligkeit entwickelt, SÀttigung entwickelt sich bei konstanter Brillianz/Leuchtkraft, und vice versa:

lightness and chroma to brilliance and saturation

Linien mit gleicher Chroma sind vertikal (der Anordnung der FarbkĂ€stchen folgend), was bedeutet, dass Chroma die gleiche Richtung fĂŒr alle Farben im Farbraum hat (siehe unten). Jedoch sind Linien gleicher SĂ€ttigung schrĂ€g (in der Grafik gestrichelt dargestellt) und sie gehen alle von Schwarz aus durch jedes Farbfeld, was bedeutet, dass deren Richtung fĂŒr alle Farben spezifisch ist.

Wenn man das Chroma erhöht, werden deshalb alle Farben gleichmĂ€ĂŸig weg von der zentralen Grau-Achse horizontal wegbewegt, wĂ€hrenddessen, wenn die SĂ€ttigung erhöht wird, dann wird sich der Winkel der schrĂ€gen gestrichelten Linie öffnen oder schließen, wie eine Blume.

Gleichermaßen wird das Erhöhen der Helligkeit alle Farben gleichmĂ€ĂŸig von der horizontalen Achse nach oben bewegen, wĂ€hrend eine Erhöhung der Brillianz/Leuchtkraft diese entlang der Linien einer gleichen SĂ€ttigung bewegt.

Bei beiden den obigen Grafiken, werden Helligkeit, Chroma, SĂ€ttigung und Brillianz im JzAzBz Farbraum gezeichnet, welcher ein wahrnehmender Farbraum ist, geeignet fĂŒr ein HDR-Signal, und er wird in parametrischen Masken und im Modul Farbbalance RGB. Luminanz wird im 1931 Farbraum gezeichnet und reprĂ€sentiert den Effekt einer Belichtungs-Anpassung. Es zeigt das gleiche Verhalten wie Brillianz, außer, dass die SchriftgrĂ¶ĂŸe nicht wahrnehmend skaliert ist.


Beachte: In diesem Abschnitt werden Brillianz sowie Leuchtkraft gebraucht, um die gleiche Dimension zu beschreiben. Bei aller Strenge ist Leuchtkraft absolut metrisch, wĂ€hrend Brillianz die Leuchtkraft einer FlĂ€che relativ zum Leuchtkraft seiner Umgebung ist (das ist die StĂ€rke mit der eine FlĂ€che sich von der Umgebung absetzt und wie fluoreszierend aussieht). Aber in der Bildbearbeitung wird ein Erhöhen der Leuchtkraft tatsĂ€chlich auch die Brillianz erhöhen, sodass der Ausdruck Brillianz aus GrĂŒnden der Klarheit und wegen des Bezugs zum visuellen Effekts in der Nutzerschnittstelle von darktable vorgezogen wird.


🔗Farb Dimensionen und Gamut

Der Gamut ist das Volumen von Farben, das ein gewisser Farbraum umfassen und kodieren kann. Es ist wichtig zu wissen dass, einmal in wahrnehmende RĂ€ume konvertiert, ist der Gamut von jedem RGB Raum nicht gleichmĂ€ĂŸig entlang den Farbtönen.

Die folgenden Beispiele zeigen das Gamut-Volumen des sRGB Raumes auf Farbton Schichten, welche die primĂ€ren roten, grĂŒnen und blauen Lichter des sRGB Raumes ĂŒber eine Helligkeit-Chroma Ebene mit einem gleichmĂ€ĂŸigen Maßstab:

sRGB-red sRGB-green sRGB-blue

Das zeigt, dass ein Erhöhen des Chroma (auf der horizontalen Achse bewegen) um einen gewissen Wert sicher gemacht werden kann fĂŒr gewisse Farbtöne und gewisse Helligkeiten, es kann aber andere Farbton-Helligkeits-Koordinaten aus dem Gamut befördern. Zum Beispiel haben wir mehr Spielraum in GrĂŒn oder Magenta als in Cyan.

Viele Probleme von Gamut beim Export sind in Wirklichkeit durch den Nutzer verursacht und sind das Resultat von zu harschem Chroma auf pushen. Aus diesem Grund wird das Modell Helligkeit-SĂ€tttigung sicherer sein.

🔗Farb Dimensionen und KomplementĂ€rfarben

Cyan, Magenta, Gelb sind KomplementĂ€rfarben von Rot, GrĂŒn und Blau (RGB). Jedoch sind die komplementĂ€ren CMY RĂ€ume berechnet aus RGB RĂ€umen nicht wahrnehmend komplementĂ€r. Um das zu zeigen, kreieren wir einen CMY Raum von sRGB, in dem Cyan die sRGB Koordinaten (0,1,1), Magenta (1,0,1) und Gelb (1,1,0), und zeigen ihn in einem Helligkeits-Chroam-Raum:

sRGB-cyan sRGB-magenta sRGB-yellow

Beim Vergleichen mit den Farbton Schichten der PrimĂ€rfarben des vorherigen Abschnittes, es ist leicht zu sehen, dass nicht nur die Gamuts nicht die gleiche Form haben, aber auch, dass die Farben nicht ĂŒbereinstimmen.

Das ist ein anderer Grund, HSL/HSV-RĂ€ume (abgeleitet aus RGB-RĂ€umen) fĂŒr die Farbbearbeitung zu meiden: Da diese RGB-RĂ€ume wahrnehmbar ungleichmĂ€ĂŸig sind, ergeben sich auch entsprechende HSV/HSL-RĂ€ume. WĂ€hrend RGB-RĂ€ume gewisse Vorteile haben, da diese auf physikalischem Licht basieren, sollte jeder Prozess mit Farbtonung direkt zu einem wahrnehmenden Raum abbilden. Siehe auch HSL-Farbraum und HSV-Farbraum.

🔗Farbdimensionen und Einstellungen

Viele Anwendungen, einschließlich darktable, bezeichnen jedes Einstellen, das Chroma beeinflusst, als"SĂ€ttigung" (zum Beispiel in Farbbalance, “Kontrast/Helligkeit/SĂ€ttigung”). Das ist typisch fĂŒr Software, die versucht fĂŒr Laien geeignet zu sein und daher eine Umgangssprache verwendet. Das ist irrefĂŒhrend, da SĂ€ttigung existiert und ziemlich unterschiedlich von Chroma ist. ZusĂ€tzlich bezeichnen viele Videospezifikationen fĂ€lschlicherweise Chroma als “SĂ€ttigung”. Wann immer darktable solche Spezifikationen wiederverwendet, verwendet es die inkorrekte Bezeichnung der Spezifikation eher als die richtige Bezeichnung der Farbdimension.


  1. CIE definition of hue: https://cie.co.at/eilvterm/17-22-067 ↩︎

  2. CIE definition of luminance: https://cie.co.at/eilvterm/17-21-050 ↩︎

  3. CIE definition of lightness: https://cie.co.at/eilvterm/17-22-059 ↩︎

  4. CIE definition of brightness: https://cie.co.at/eilvterm/17-22-063 ↩︎

  5. CIE definition of chroma: https://cie.co.at/eilvterm/17-22-074 ↩︎

  6. Article about brilliance (paywall): https://doi.org/10.1002/col.20128 ↩︎

  7. CIE definition of saturation: https://cie.co.at/eilvterm/17-22-073 ↩︎

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